Diesel-Skandal: Versagt die Justiz?

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Wenn am 20.April der große Prozess um den Diesel-Betrug in Braunschweig beginnt, werden fünf ehemalige VW-Manager jegliche Verantwortung von sich weisen. Auch Ex-CEO Martin Winterkorn ist geladen, lässt ab er bereits seine Anwälte ankündigen, dass „Wiko“ wegen akuter Hüftprobleme nicht oder nicht immer teilnehmen könne. Ob der auf zwei Jahre terminierte Prozess am Ende zu Verurteilungen führen wird, „darf bezweifelt werden“, wie ein Jurist bereits geäußert hat.

Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft bislang keine wirklich belastbaren Beweise ermitteln können. Trotzdem hat das Landgericht die Klageschrift und damit die Klage zugelassen. „Ein Schuldbeweis ist das noch lange nicht“, äußern sich nicht nur die mit der Verteidigung betrauten Anwälte, sondern auch prozessferne Juristen.

Während in den USA der Ex-Manager Oliver Schmidt zu sieben Jahren Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 400.000 US-Dollar verurteilt und inzwischen nach Deutschland ausgeliefert wurde, lassen Verurteilungen in Deutschland gegen hiesige Manager wohl noch lange auf sich warten. Der von Insidern „Bauernopfer“ genannte Schmidt musste trotz seiner endlosen Loyalität gegenüber VW eine fristlose Kündigung hinnehmen, die noch immer Gegenstand eines Verfahrens vor dem Arbeitsgericht in Braunschweig ist.

Zwar liegt in den USA gegen Martin Winterkorn ein internationaler Haftbefehl vor, aber da Deutschland nicht ausliefern darf, ist Winterkorn vor Verhaftung sicher, solange er Deutschland nicht verlässt. Schon ein Trip nach Kitzbühel könnte zu seiner Verhaftung führen, denn die USA dürften Wikos Reisetätigkeiten genau beobachten.

Neben Wiko ist auch Audi Ex-Chef Rupert Stadler angeklagt und saß bereits vier Monate in München in U-Haft. Obwohl die Münchner Staatsanwaltschaft große Töne gespuckt hat, könnte es sein, dass ihre Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichen. Wir erinnern uns an die Pleite der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen Finanzchef Holger Härter verschiedener Straftaten angeklagt hatte und vor Gericht kläglich gescheitert war. Die deutsche Justiz ist oftmals mit Wirtschaftsvergehen offenbar überfordert. „Die oft gegen gut verdienende Manager eingenommenen Staatsanwälte verrennen sich scheinbar immer wieder aus menschlicher Schwäche, die man auch mit Neid umschreiben könnte. Es denen mal richtig zu zeigen, ist oft die einzige Motivation, wenn Strafverfahren eingeleitet werden“, sagt ein bekannter Wirtschaftsanwalt.

Das Verfahren gegen Stadler ist eigentlich harmlos. Dass er in U-Haft genommen wurde, war vor allem dem Verdacht geschuldet, er könnte Sachverhalte verdunkeln. Ein beliebtes Argument für U-Haft-Anträge. Stadler wird nicht vorgeworfen, die Abgasmanipulation initiiert zu haben oder an ihr beteiligt gewesen zu sein. Er soll auch nach Bekanntwerden den Verkauf dieser Fahrzeuge nicht unterbunden haben, was sein Anwalt vehement bestreitet. Ein Zeuge der Anklage hatte zwar ausgepackt, konnte aber nicht sicher bestätigen, dass Stadler von den Abgas-Betrügereien gewusst hat. Stadlers Verurteilung steht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ auf wackeligen Füßen.

Es könnte sein, dass am Ende keiner der Angeklagten verurteilt wird. Allerdings könnte man dann den Eindruck haben, dass überhaupt niemand etwas von den Abgasmanipulationen gewusst hat und sich die Programmierung der Software von allein ergeben hat, also ohne Anweisung von oben….

aac/ Prof. Hans-U. Wiersch

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